Psychologie

Larp aus meiner psychologischen Sicht

Larp ist Therapie für mich!

 

Oft werde ich gefragt, warum ich larpe. Meine erste Antwort lautet dabei immer: Larp ist meine Therapie. Alle weiteren Begründungen beruhen schlussendlich auf diesem Fakt.

Da das Thema genau auszuführen so viele Gedanken aufwirft, fasse ich diese nun in einem neuen Bereich meines Bloges zusammen.

Dabei werde ich zuerst den für mich therapeutischen Ansatz beschreiben. In weiteren Artikeln werde ich auf einzelne Aspekte eingehen, welche ich mit einem psychologischen Hintergrund betrachten möchte. Hierbei geht es zum Beispiel um Themen von der Distanzierung der Medien bis hin zur Natur, Selbstreflektion und Charakterentwicklung oder im Ansatz von Jung, die Erforschung des Unterbewussten und was das mit Larp zu tun hat. Auch Emotionales oder Rituale sollen eine Rolle spielen.

Dabei geht es mir vor allem darum, Menschen zu erreichen, welche schon mit diesem Hobby geliebäugelt haben, sich aber unsicher sind, ob sie dem gewachsen sind oder gar einen Nutzen suchen.

Ich für meinen Teil habe meinen Nutzen gefunden und der beginnt mit einem therapeutischen Ansatz:

Was ist eigentlich Therapie?

Ursprünglich entstammt es dem griechischen Wort θεραπεία (therapeia) und steht für Dienst, Pflege, Heilung. Und schon allein bei dieser Übersetzung fallen mir die ersten Punkte auf. Der Dienst beschreibt zum Beispiel den Dienst an sich selbst. Selfcare nennt man das. Die Selbstsorge, das bewusste Handeln zum Wohle von einem selbst. Und so begann die Larpgeschichte auch für mich. Ich wollte es für mich tun. Ich wollte etwas tun, was ich noch nie getan hatte, es mir aber schon so lange wünschte. Ich wollte es allein tun.

Die Heilung beschreibt das positive Beeinflussen einer Diagnose oder von Symptomen. Dies war eher unterbewusst für mich relevant. Ich sah zu Beginn Larp nicht als Heilungsmethode an. Und doch war der Drang auszubrechen, herauszukommen aus dem statischen Leben ein Symptom, das ich besänftigen wollte.

Ein Mittel von Therapie ist die Kommunikation. Dass dies ein extrem relevanter Aspekt ist, merkt man schon in der Planung vorab, noch bevor es auf die Reise geht. Denn die Kommunikation beginnt in erster Linie im Kopf. Es geht hierbei schon um Reflexion und Selbstreflexion, die Auseinandersetzung mit dem Ich und dem potentiellen Charakter.

Der offensichtlichste Punkt, warum Larp einen therapeutischen Ansatz hat, ist die Parallele zur Kunsttherapie. Dies ist eine Therapieform, welches sich mit dem umfassenden nachvollziehbaren Handeln befasst, dem improvisatorischen Tun. Das Medium Kunst wird dabei als Ausdrucksmittel für seelische Konflikte genutzt. Besondere Parallelen finden sich dabei im therapeutischen Theater wieder. Die Rollen sind inszeniert, manchmal vorgegeben, manchmal improvisiert. Was aber immer wieder auffällt, Dinge die im Larp erspielt werden, werden ins soziale Leben übertragen. Im Larp setzt sich der Charakter aus anderen Perspektiven mit Problemen auseinander. Diese anderen Perspektiven aber können helfen, neues eigenes Potential zu erkennen und für sich zu übernehmen. Das ist ein Beispiel von vielen. Doch greift es noch viel tiefer in die Materie.

Schlussendlich ist aber klar, dass Larp jegliche künstlerischen Methoden vereint. Hierzu gehört auch eine Art Musiktherapie, Kunsttherapie oder Tanztherapie. Allein das Entdecken dieser Methoden auf einer anderen Grundlage, kann sehr viel in einem Selbst beeinflussen.

Wenn man sich mit diesem Hobby befasst, kommt man um diese Ansätze nicht herum. Die eigene Kreativität wird ausgedehnt, Gefühle werden auf die Probe sowie der eigene Charakter gegebenenfalls in Frage gestellt.

Warum ist Larp für mich nun Therapie?

Ein Ansatz ist hierbei die Selbstreflektion, welche schon bei der Charakterentwicklung stattfindet. Um für sich den richtigen Charakter zu entwerfen, werden vorab folgende Fragen gestellt:

·        Wer will ich sein?

·        Wie will ich sein?

·        Was kann ich mitbringen?

·        Was möchte ich lernen?

Diese können natürlich beliebig erweitert werden. Dazu komme ich noch.

Jedenfalls sind dies Fragen, die wir uns im sozialen klassischen Umfeld viel zu wenig stellen (ja natürlich, die Einen mehr, die Anderen weniger!). Und diese Fragen sind selbstreflektierende Fragen, nur im Bezug auf die Rolle, einer anderen Person, welche man annehmen möchte. Hier ist man selbst nicht der Mittelpunkt, so scheint es.

Und doch sagt eine selbst entworfene Rolle soviel über den Menschen aus. Warum wird diese Rolle verkörpert und warum werden diese Eigenschaften gewünscht? 

Dabei muss ein weiterer Aspekt der Charakterentwicklung betrachtet werden: Die äußeren und inneren Umstände der Intention. Aus welchen Gründen also neue Rollen entstehen können, dafür gibt es 3 Möglichkeiten:

  • I. Die Intention der Fähigkeiten: Heißt, man bringt eine Fähigkeit schon vorab mit und baut darauf seine Rolle aus. Oder man hat das Bedürfnis etwas zu lernen und sieht den Charakter dabei als Grund / Motivation dies zu tun.
  • II. Die Intention der Gemeinschaft: Man weiß, man wird sich einer Spielergruppe anschließen, macht seinen Charakter abhängig von einem Spielkonzept und den dort vorhandenen Rollen. Entweder wird hier ein Charakter vorgegeben, der bespielt werden soll oder es wird ein Charakter passend zur Gemeinschaft erstellt. Vielleicht auch, um diese zu bereichern.
  • III. Die persönliche Intention: Hier wird Bezug auf die oben genannten Fragen genommen. Dabei geht es schlussendlich in erster Linie um sich selbst, fern einer Gruppe, zur Bereicherung oder zur Auseinandersetzung mit den eigenen Stärken und Fähigkeiten sowie Schwächen. Oder es geht darum, etwas ganz neues zu probieren, einen Contra-Charakter zum Beispiel.

Und besonders die letzte Intention ist aus psychologischer Sicht interessant. Hier zeigen sich Wünsche und Bedürfnisse auf, charakterliche Eigenheiten und Schwächen kommen zu Tage. Oft passiert dies bewusst, viel aber auch im Spiel unterbewusst. Und das macht für mich die Faszination und auch den therapeutischen Ansatz aus.

Diese 3 Intentionen lassen sich natürlich auch vereinen. Schlussendlich ist für mich interessant, warum man sich für eine Rolle, mit den gegebenen Eigenschaften und Fähigkeiten entschieden hat. Was sagt das über den Menschen aus? Warum kann er sich vorstellen im Larp so zu sein, möchte oder kann es aber nicht im sozialen Umfeld leben? Wo ist hier die Differenzierung?

Nach dem Larpspiel wird der Charakter dann erneut unter die Lupe genommen. Neue Fragen werden aufgeworfen:

·        Was hat mir an der Rolle gefallen, was nicht?

·        Was hat gut funktioniert, was nicht?

·        Welche Stärken entdeckte ich dabei, welche Schwächen?

Und hier geht die Selbstreflektion nun in eine neue Runde. Warum hat mir etwas gefallen? Warum funktionierte etwas nicht? Lässt sich was verbessern? Was und warum war etwas kompatibel? Und was sagen die Stärken und Schwächen über mich aus? Kann man das ausbauen?

Viele Fragen, die die Rolle betreffen, spiegeln sich auf das eigene Selbst wider. Man lernt sich so neu kennen und erlebt die Welt plötzlich anders. Wie das dann aussehen kann, dass werde ich in den folgenden Artikeln näher beleuchten. 

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